Zahlt sich Spontanität immer aus…?

KarteDas Wochenende stand einmal mehr vor der Tür und auch die Wetteraussichten waren gut. Sollte ich nun mein Motorrad satteln und die Schweizer Alpen unsicher machen, oder ein Bergwerk suchen gehen? Irgendwie konnte ich mich nicht so recht entscheiden, den es reizten mich beide Optionen sehr.
Wie oft hatte ich schon gehört, man solle im Leben ein wenig spontaner sein und so entschloss ich mich kurzerhand beide Optionen miteinander zu verbinden. Schon lange reizte mich eine kleine Galenit-Lagerstätte im Val Cadlimo.
Also, wie gelange ich mit meinem Motorrad dorthin und habe am meisten Fun….? Da könnte ich über den Brünig und dann…. oder über den Susten…über Chur….? Ich entschloss mich dann mit Berücksichtigung der mir zur Verfügung stehenden Zeit, eine abgespeckte Version auszuwählen 🙂 Auf der Fahrt über den Oberalppass hinauf zum Lai da Sontga Maria beim Lukmanierpass genoss ich jede Kurve. Beim Parkplatz hinter dem Restaurant am Cuolm Lucmagn stellte ich mein Motorrad ab und machte auf den Weg ins Val Cadlimo. Mein Weg führte mich dem See entlang um den Ausläufer des Costa del Scai. Nach ca. 15 Minuten hatte ich diesen umrundet und versuchte mich im Gelände zu orientieren. Ich hatte mir die Strecke auf der Karte schon so oft angeschaut und hatte deshalb eine klare Vorstellung, wie das Gelände hier ausschauen sollte. Nun stand ich hier im Gelände, schaute in die Richtung, in der ich das Val Cadlimo zu sehen erhoffte, aber es war einfach nicht dort, wo ich es erwartet hatte. Nach längerem Suchen entdeckte ich viel höher, als ich es mir vorgestellt hatte, den Einstig ins Val Cadlimo. Wow… da hatte ich mich aber schön verrechnet. Mittlerweile war es bereits Mittag und ich musste noch da hinauf….?

Erste Zweifel kamen in mir auf, sollte ich nicht besser umkehren? Nein, ich stand hier und würde es durchziehen, ich wollte endlich einmal hinauf zu diesem Bergwerk. Ich folgte dem noch beschilderten Wanderweg, überquerte den Bach aus dem Val Termine und wagte den Aufstieg hinauf ins Val Cadlimo. Da ich schon etwas spät dran war, ging ich zügig voran… zuerst auf allen Zweien und ehe ich mich versehen hatte, stieg der Weg so steil an, dass ich mich stellenweise auf allen Vieren vorwärts bewegen musste. Schon bald bereute ich meinen Entschluss, als ich nach 100 Höhenmetern bereits völlig ausser Atem war und mir bewusst wurde, dass ich nochmals weitere 500 vor mir hatte. Doch ein kurzer Blick zurück, hinunter in Richtung Lukmanierpass entschädigte mich für all meine Strapazen. Nun ja, es war mir zum damaligen Zeitpunkt auch noch nicht klar, was noch alles auf mich zukommen sollte…
26_Aufstieg_1Ab hier ging es über Stock und Stein weiter, wobei die Steine der Schuttkegel oftmals die Grösse von Kleinwagen erreichten. Ein Weg war nichtmehr zu erkennen und ich musste mich an den spärlichen Markierungen orientieren, die auf die Felsen gepinselt waren. Mein Weg führte mich noch ca. 3.5 km ins Val Cadlimo hinein. Zum Glück blieben die Schuttkegel schon bald hinter mir und ich konnte wieder ein wenig zu Atem kommen. Kaum fühlt man sich wieder besser, da hält das Leben schon die nächste Überraschung bereit und ich spürte an den Fersen die berühmte Wärme überhitzter Druckstellen, die bei anhaltender Belastungen zu glühen beginnen. Ich war spät dran, konnte mir keine Pause leisten und so blieb mir nur die eine Option…. Ich bestellte mir im nächsten Restaurant ein kühles Bier, zog meine Schuhe aus und liess die Füsse an der frischen Luft abkühlen…
«Plopp» da platzt er wieder, mein schöner Traum, denn mitlerweilen war ich an der Verzweigung hinauf zum Bergwerk angekommen.
27_Aufstieg_2Ich stand bei Stabbio die Mezzi vor einem Wegweiser, welcher in Richtung Süden, hinauf zur Piotta della Miniera zeigte. Der Weg führte mich quer durch den Reno die Medel was für meine wunden Füsse eine kleine Erfrischung verhiess. Aber ob dies eine so gute Idee war? Ich liess es bleiben und versuchte den Bach trockenen Fusses zu überqueren. Lustigerweise traf ich in der Mitte des Baches eine Markierung die im rechten Winkel von meinem Pfad wegführte und da ich   geradeaus keine weiteren Markierungen entdecken konnte, folgte ich dem Irrweg durch den Bach. Tatsächlich führte eine Art «Weg» durch den Bach und nach einer weiteren Markierung entdeckte ich wieder in südlicher Richtung die Fortsetzung meines Weges.
Ab hier führte der Weg steil nach oben zurück in Richtung Piotta della Miniera.
1_AbbaufeldDort angekommen, musste ich mich zuerst im Gelände orientieren. So auf die «Schnelle» war da nichts zu erkennen. Und vermutlich ging schon so mancher Wanderer an der Piotta della Miniera vorbei, ohne die Spuren dieses schon längst vergessenen Bergbaus zu erkennen. Doch schon nach kurzer Zeit, erkennt man die künstlich aufgetürmten Schutthalden im Gelände und hat man diese einmal entdeckt, dann findet man auch leicht die dazugehörigen «Löcher». In der kurzen Zeitspanne, die mir blieb bevor ich mich wieder auf den Heimweg machen musste, konnte ich zwei Tagbauschlitze und vier Sondierungen ausmachen.
Tagbau
Weiter oben, bei Bochetta della Miniera befinden sich noch die Ruinen von Knappenhütten.  In der Literatur werden drei Galenitgänge beschrieben, wovon der westlichste am ergiebigsten gewesen sein sollte. Aber bereits im Jahr 1969 konnte Krieg in den Tagbauschlitzen kein Galenit mehr entdecken. Hingegen fand er auf den Halden spärliche Spuren von Galenit.

Ich kann diese Aussage nur bestätige. RuinenLeider waren beide Tagbauschlitze mit Wasser gefüllt, so dass ich nur die oberen Bereiche begutachten konnte und in der kurzen Zeit waren keine Spuren von Galenit zu finden. Ich hatte dann doch noch Glück und fand bei der westlichsten Abbaustelle auf der Schutthalde ein Handstück mit Galenit. Die Entdeckung gelang nur durch Zufall, denn der Galenit war stark oxidiert und hat dadurch seinen Glanz verloren. Hätte ich nicht besagtes Stück mit dem Hammer bearbeitet, so dass der Galenit im frischen Bruch glitzerte, ich hätte ihn übersehen.
GalenitSchnell war die Stunde um und ich musste mich wieder auf den Rückweg begeben. Denn am Horizont waren dunkle Wolken aufgezogen und ich wollte es vermeiden, dass auf dem Heimweg mit dem Motorrad in ein Gewitter geriet. Da ich mich nun besser im Gelände orientieren konnte und der Wanderweg quasi ein Umweg war, nahm ich den direkten Weg ins Val Cadlimo hinunter. Leider hatte ich nicht mit dem zusätzlichen Gewicht all der vielen Steine in meinem Rucksack gerechnet und so wurde der steile Abstieg im unwegsamen Gelände zur wahren Tortour…. Aber das Schlimmste kam noch auf mich zu, als ich dann mit schlotternden Beinen wieder beim Parkplatz war und mir bewusst wurde, dass ich meinen schweren Rucksack nicht einfach im Kofferraum meines Autos verstauen konnte. Wie viele Male verfluchte ich auf der Heimfahrt meine spontane Entscheidung, Motorrad- und Bergwerkausflug zu kombinieren, vor allem ab dem Zeitpunkt, da ich nicht mehr wusste, wie ich auf dem Sattel sitzen sollte ohne dass mir mein Allerwertester höllisch wehtat 🙂