Exkursion zu den «Bahamas» von Chamoson

Am Samstag 30. August war es soweit. Das Wetter war bereits die ganze Woche durch unbeständig gewesen. Dennoch wagte sich eine kleine Gruppe verwegener Bergbaufreunde ins Unterwallis, um dort die noch spärlich vorhandenen Spuren eines missglückten Bergbauversuchs im zweiten Weltkrieg zu erforschen. Bei der Hinfahrt wusste das Wetter noch nicht so recht, von welcher Seite es sich an diesem Tag zeigen wollte. Wir sahen zwischen Wolken ein paar vereinzelte Sonnenstrahlen, die mit leichten Regenschauern um die Vorherrschaft an diesem Tag kämpften.

Am Bahnhof von Chamoson angekommen, schien es als hätten sich die Sonnenstrahlen gegen den Regen durchgesetzt. Auf jeden Fall blieb es trocken, aber die Berge waren noch von dichten Wolken und Nebelschwaden verhangen.  Zu unserem Glück war es möglich, mit dem Auto bis hinauf zur Alp Chamosentse auf 1908 m zu fahren. Die Fahrt verlief ohne Zwischenfälle, unsere Fahrzeuge mühten sich tapfer den immer steiler und enger werdenden Fahrweg hinauf.
Oben angekommen blieb uns leider immer noch der Blick auf die eindrücklichen Falten der Morcles -Decke verwehrt. Wer hätte gedacht, dass wir so hoch hinaus mussten, um in der Schweiz die Bahamas zu finden? Während sich im Hintergrund die überhitzten Motoren mit leisem Knistern abkühlten, erzählte uns Roger Widmer einige interessante Informationen zur Entstehung der Eisenoolithe von Chamoson. Weshalb wir uns bis hier hinauf bemühen mussten um zu den Bahamas zu gelangen und welche grossen Investitionen die Gesellschaft «Mines de Fer de Chamoson» hier investiert hatte, ohne das es zu einem Abbau kam.
Natürlich waren nun alle Teilnehmer neugierig darauf das Bergwerk und seine letzten Spuren im Gelände zu entdecken. Aber dazu mussten wir zuerst in diesem immer noch sehr dichten Nebel den richtigen Weg 200 m hinunter nach Les Pouays finden. Doch Peter Aeberhard führte uns souverän durch das unwegsame Gelände und so konnten wir nach ca. 200 Höhenmeter und einer halben Stunde Fussmarsch die ersten Ruinen im Gelände erkennen. Schon bald entdeckten wir einzelne Erzklumpen die im Geröll umherlagen. Durch ihre dunkle Farbe unterschieden sie sich sehr gut von den helleren Kalksteinen. Schnell verteilte Lothar ein paar Magnete, um besser die magnetithaltigen Klumpen bestimmen zu können. Ein wahrer «Goldrausch» brach aus und Andren begann schon fleissig den Rucksack zu füllen.
Genau zur Mittagszeit kamen wir bei der unteren Abbaustelle Les Pouays an. Wir entschlossen uns diese noch zu begutachten bevor wir dann gemeinsam picknicken würden. Bei genauerem Betrachten des Geländes, konnte man immer noch einige Spuren vom ehemaligen Bergbau erkennen. Darunter waren Fundamente der Seilbahnanlagen, rostige Seile, Seilspanner, verstürzte Stollen und das grosse Rolloch. Und wie geplant hat sich auch langsam der Nebel verzogen und die Sonne zeigte uns, dass der Sommer sich noch nicht endgültig verabschiedet hatte.
Nach einem gemütlichen Picknick an der Sonne machten wir uns auf den Weg hinauf zum Ziel unserer zweiten Etappe. Über den alten Schlittelweg, den man noch gut im Gelände erkennen konnte, ging es steil bergauf zur oberen Abbaustelle. Dabei zeigte sich wie gut die Kondition der einzelnen Teilnehmer war 🙂 Der letzte Teil des Aufstieges gestaltete sich sehr schwierig, die Frage wie weit es denn noch sei, wurde immer konkreter. Doch obwohl alle erschöpft und müde vom anstrengenden Aufstieg waren, wollte niemand aufgeben. Schon jetzt nicht, wo das Ziel in greifbarer Nähe lag und so kraxelten wir teilweise auf allen Vieren dem Ziel entgegen. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass der älteste Teilnehmer mit seinen 86 Jahren ohne grössere Probleme mit uns jüngeren mithalten konnte, eine Leistung die von meiner Seite grossen Respekt verdient! Beim Stollen III angekommen lagen dann erst einmal alle flach.
Wie in der Ausschreibung angekündigt, war der Stollen III nicht sonderlich gross. Nach einer kurzen Erholungsphase machten sich die Teilnehmer individuell an die Erforschung des Stollens. Während die einen noch fleissig im Stollen am fotografieren waren, machte sich der Rest der Gruppe auf den Rückweg. Es mussten immerhin nochmals je 200 Höhenmeter zurückgelegt werden. Wie sich bei Gesprächen beim Picknick herausgestellt hatte, hatte Roger die Lage der Wohnbaracke mit der Lage der Seilbahnstation verwechselt. Ein Teil der Gruppe wollte auf dem Rückweg natürlich noch einen kleinen Abstecher zur Seilbahnstation mit den Silos unternehmen….und ich muss sagen, es hatte sich gelohnt. Zwischen dicht gewachsenem Gestrüpp entdeckten wir das Gewicht des Seilspanners, die Mauern der Silos und einige noch sichtbaren Fundamente der alten Anlage. Aber trotz der Faszination dieser Entdeckungen durften wir nicht die Zeit vergessen, wir wollten doch zusammen mit den Anderen wieder beim Ausgangspunkt unserer Exkursion ankommen. Wir warfen noch einen letzten Blick auf die alten Gemäuer und staunten darüber, was hier oben alles an Infrastrukturen aufgebaut worden war, ohne das ein Abbau stattgefunden hatte. Wieder bei der Alp Chamosentse angekommen, mussten alle zuerst ein wenig zu Atem kommen und wie zur Belohnung für unsere Anstrengungen verzogen sich auch noch die letzten Nebelschleier vor dem Haut de Cry. Vor uns tat sich ein faszinierendes Panorama mit Blick auf die eindrücklichen Falten der Morcles-Decke auf. Wir genossen zum Abschluss den Anblick in der herrlichen Abendsonne. Das an diesem Tag verteilte Handout wurde überarbeitet und kann nun als PDF heruntergeladen werden.

Roger Widmer, 20. Oktober 2014

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