Unterwegs im Schlaraffenland….

Es war schon seit längerer Zeit eine beschlossenen Sache gewesen, dass Lothar Hoffmann mir einmal die geheimnisvolle Welt des Bergbau am Mont Chemin zeigen wollte. Für mich ein grosser weisser Fleck auf der Landkarte, übte dieser Berg eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Lag es nur am darin verborgenen Magnetit, oder war es die Faszination, bei jedem Schritt und Tritt über irgendwelche Spuren des historischen Bergbau zu stolpern?
Am 25. April 2014 war es soweit, wir hatten unsere Agendas synchronisiert und einen gemeinsamen Termin für unsere schon lange überfällige Exkursion gefunden. Ein grosses Anliegen von Lothar war die Befahrung des Bergwerk bei Vens. Dieses befindet sich in einem gefährlichen Couloir, weshalb er bisher den Abstieg alleine noch nicht gewagt hatte. Ich sollte also meine Kletterausrüstung und Seile mitbringen, damit sein sehnlichster Wunsch, endlich stolzer Besitzer eines Stück Erz aus dieser Mine zu werden, in Erfüllung ging.


Mein Wecker rasselte um 04:30 das erste Mal. Wie ich so bin, wurde dieser postwendend zur Vernunft gebracht, d.h. ich hatte ein überzeugendes Argument, denn ich fand den Knopf zum abstellen. Aber ich konnte die mir so erschaffene Ruhe nicht lange geniessen. In weiser Voraussicht hatte ich am Abend zuvor auch mein iPhone scharf gemacht und so deponiert, das ich mich aus dem Bett wälzen musste, um dem schrecklichen Ton den Garaus zu machen.
Im Wallis angekommen, öffnete ich den Kofferraum meines Autos um meine Wanderschuhe anzuziehen. Mein Blick viel auf die Kletterausrüstung und mir rann ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Wow… ich hatte meine Kletterseile in der Garage vergessen, wie erkläre ich dies nun Lothar, hatte er sich doch sooo darauf gefreut in dieses Couloir hinabzusteigen. Nun ja, um es vorwegzunehmen, wir wären an diesem Tag eh nicht dazugekommen. Denn wenn einen die „Lotharitis“ befällt, dann bekommt Zeit eine neue Dimension 🙂

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Von Lotharitis befallener Forscher.

Leider kommt selten ein Unglück alleine und so musste ich mit Entsetzen feststellen, dass ich bei allen meinen Blitzen die Akkus ersetzt hatte, aber meine Kamera zu Hause liegen gelassen hatte. Aber das Wetter war noch gut, wir beide frohen Mut und nichts konnte uns heute aus der Ruhe bringen. Unser erstes Etappenziel war das Couloir Collaud. Ich war beeindruckt von dem noch heute gut sichtbaren Knappenweg. Schaut man sich die Gegend mit der 3D Karte von map.geo.admin.ch an, so kann der aufmerksame Betrachter auch dort den alten Knappenweg im Gelände entdecken. Vorbei an der Seilbahnstation führte uns der Weg entlang der Stollen I und II hinunter zu den Stollen III und IV. Überall auf dem Weg liegt beim Transport verloren gegangenes Erz. Hätte ich einen starken Magneten bei mir gehabt, das Erz wäre mir förmlich entgegen geflogen. Beim Stollen IV angekommen machte sich Lothar bereits ans Graben, während ich in der näheren Umgebung den Stollen III suchte. Schnell war dieser gefunden und solange Lothar mit Graben beschäftig war, erforschte ich den Stollen. Lothar äusserte die Vermutung, dass es auch in diesem Stollen Kobalt im Magnetit geben müsste und alle die ihn kennen, wissen, dass seine Vermutungen zuverlässiger sind als die Wetterprognosen des Schweizer Fernsehen.

Erythrin im Magnetit des Stollen III

Erythrin im Magnetit des Stollen III

Okeee….ich muss gestehen es war purer Zufall, dass ich das Erythrin an der Stollendecke entdeckt hatte und es war auch nicht ganz ohne, ein paar Proben davon zu erhalten. Denn der Stollen war an dieser Stelle schon sehr stark vom Zahn der Zeit angenagt worden. Ein weiteres „high light“ für mich war das Auffinden von radialstrahligem Aktinolith (Asbest) und der feinfasrigen Variante davon (Amiant), beim Stollen IV. Aber nachdem mir Lothar erklärt hatte wie gefährlich Asbest sei, fühlte ich mich plötzlich hundeelend. Es biss mich überall an den Armen und nirgends fand ich einen Bach oder Brunnen um mich zu waschen. Ich brauchte unbedingt eine Mittagspause um mich von meinem „Stress“ zu erholen und nachdem ich mir meine Arme mit Wasser aus der Flasche gereinigt hatte, ging es mir wieder bedeutend besser 🙂

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Da konnte er wieder lachen…

In der Umgebung von Chemin sind viele historische Fundstellen, wie Bergwerke, Verhüttungsplätze usw. mit Infoschildern markiert. Von Chemin aus, bis hinauf zum Col des Planches wurde ein Bergbau-Weg angelegt. Es gibt Busverbindungen von Martigny, Parkplätze für den Individualverkehr und überall schöne Picknickplätze. Auch die Landschaft geizt hier nicht mit ihren Reizen und es lohnt sich, sich die Zeit zu nehmen und hier einen Tagesausflug mit der ganzen Familie zu unternehmen.
Informationen dazu findet man im Internet unter: http://www.sentier-des-mines.ch 

 

Diesen Frühling wurde die Galerie Hubacher von Freiwilligen gesäubert. Gefährlichere Stellen wurden abgesperrt, so dass man den Stollen gefahrlos auch mit Kinder begehen kann.  Beim Stollenmundloch steht eine alte Lore und im Stollen steckt sogar noch ein Bohrhammer im Felsen. Der Stollen verfolgte mit ca. 500 m Länge einen Fluoritgang und immer noch schön sichtbar an der Decke einen Gang mit Bleiglanz. Im Fluorit finden sich feinverteilt Azurit, Malachit, Chalkopyrit, Chrysokoll und einige Minerale, die ich nicht bestimmen konnte, aber unter dem Licht einer UV-Lampe sichtbar werden.

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Violette Fluoreszenz von Fluorit.

 

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Verändert man die Wellenlänge des Lichts, treten grün Fluoreszierende Minerale zum Vorschein.

Der Abschluss unserer kleinen Exkursion bildete die Suche nach dem Stollen I bei Chez Larze. Die lieben Waldarbeiter haben eine für uns Bergwerkforscher unangenehme Angewohnheit und füllen immer alle Löcher die sie finden können mit Restholz auf. So ist der Eingang zum Stollen I nicht verstürzt, aber beinahe mit Holz so aufgefüllt worden, dass man ih nicht mehr findet.
Man könnte nun auch sagen: „Zum Glück“, denn wenn das Stollenmundloch noch grösser gewesen wäre, ich weiss nicht, was Lothar mit seinem Klumpen Magnetit gemacht hätte?

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Da schlägt das Sammlerherz höher, alles Magnetit….

 

 

Das Wetter hatte es gut mit uns gemeint, der Berg hatte uns viel Schätze geschenkt und dank dem lieben iPhone ging auch der Fotograf in mir nicht mit leeren Händen nach Hause :-))

Vielen Dank Lothar Hoffmann, für den spannenden Tag.

Roger Widmer 30. April 2014