Gönert

Erdöl im Gönert bei Aarau

Der Gönhardsandstein bildet mit seiner Mächtigkeit von 70 bis ca. 100 m den Rücken des Gönert, einem Flachen Hügelzug im Süden der Stadt Aarau.  Ein grauer, gelblicher bis grünlicher, vorwiegend weicher und feinkörniger Sandstein. Stellenweise ist der Sandstein mit kalkigen Erhärtungen in Form von Bänken und Knauern durchzogen und weist häufig verworrenen Diagonalschichtungen auf. Der Sandstein enthält viele kalkige Körner, braust stark mit verdünnter Salzsäure, obwohl er nur sehr schwach zementiert ist.
In seinem unteren Teil ist er mit Erdölrückständen imprägniert. Der Sandstein erhält durch die Imprägnierung mit Erdöl eine schockoladenbraune Farbe und riecht leicht wie ein alter LKW.

Um das Jahr 1825 wurde beim vergeblichen Suchen nach Wasser, mit einem ca. 100 m langen Stollen ölhaltiger Sandstein angefahren. Die Stelle lag vermutlich bei Brunnentröge, SW der alten Brunnestube bei Pkt. 410. Dort wo sich eine sanfte, sumpfige Furche nach NE zieht, befand sich laut Heim/Hartmann (1919) dieser «Wasser» Stollen. Es wurde nur sehr wenig Wasser angetroffen. Von den sich im Stollen bildenden Wasserpfützen soll man damals das Erdöl mit Löffeln abgeschöpft, und in Flaschen abgefüllt haben, um es zu Hause zu verbrennen. Im Naturhistorischen Museum wurden einige Proben dieses braunen Sandsteins aufbewahrt und noch im Jahr 1919 müssen diese nach Erdöl gerochen haben (Heim/Hartmann 1919).

Mundloch in der nördlichen Brunnenstube
Mundloch in der nördlichen Brunnenstube

Zur Prüfung der Ölfrage durchkrochen Hartmann und Heim am 3. Dezember 1916 den 1858 bis 1860 erbauten, 724 m langen Gönhardstollen, in welchem damals das Grundwasser des Suhrtales unter dem Gönhardrücken hindurch nach Aarau geleitet wurde. Das Wasserniveau lag beim Stolleneingang (südliche Brunnenstube) 5,5 m unter dem Kirchweg, bei ca. 408 m, 62 m unter dem höchsten Punkt 470 des Gönhardsandsteinrückens. Der nördliche Teil war eng vermauert, der südliche zum grossen Teil unvermauert, mit bis 4m hohem Gewölbe. In diesem südlichen Teil konnte man damals beinahe durchwegs Ölsand nachweisen (Chloroformreaktion).
Wohl die schönste Stelle befand sich bei der roten Zahl 380 des Stollens, ca. 406 m vom Südeingang. Hier zeigten sich ausgesprochene Diagonalschichtung mit schoko- ladebraunen, unregelmässigen und wechselnden Ölsandbändern von Zentimetern
bis zu einigen Dezimetern, höchstens 1 m Mächtigkeit, im weisslichen ölfreien Sandstein. Wie bei Dardagny und Murgental fehlte auch hier jede Spur abdichtender Tonlagen zwischen den imprägnierten, oft scharf begrenzten, und den nichtimprägnierten Bändern. Auf Querklüften war der Sandstein teilweise ölfrei, teilweise von oben her imprägniert, wobei aber die Imprägnation von der Ölsandschicht aus nach unten meist innerhalb weniger Dezimeter verschwand.

Gemauerter Stollen der nördlichen Brunnenstube
Gemauerter Stollen der nördlichen Brunnenstube

Am südlichen Mauerende, 64 m vom Südeingang, lagen die Ölsandbänder fast horizontal,
als normale Schichten von wenigen Zentimetern bis über 20 cm im Sandstein eingelagert. Der südlichste, etwa 50 m lange Stollenabschnitt war wieder vermauert. Im ganzen konnten sie den Ölsand gegen 300 m weit verfolgen; dabei nahmen aber die imprägnierten Bänder im Mittel wohl nur 10 bis höchstens 20 % des Sandsteins ein. Der nicht imprägnierte Sandstein war vorwiegend mürbe und porös, etwas grünlich wie bei Dardagny und vom Ölsand nur durch das Fehlen der Imprägnation unterschieden, teilweise aber mit Kalkzement zu klingend hartem Gestein verfestigt. Obwohl der Ölhorizont beim nördlichen Stollenende austreten sollte, konnten sie dort unter freiem Himmel keine Ölspuren nachweisen (Heim/Hartmann 1919).

Einstieg in die alte Brunnenstube
Einstieg in die alte Brunnenstube

Bei einer aktuellen Befahrung des Stollens am 8. Februar 2016 durch Roger Widmer, Mitarbeiter der SGTK, konnten diese Beobachtungen zum grössten Teil immer noch bestätigt werden. Bei den Ölaustritten in den Stollenwänden handelt es sich um eine typische Auswaschung einer sekundären Ölreservoirformation (Speichergestein), wie es in den meisten Fällen entlang dem Jura Südfuss zu beobachten ist.

Durch Schürfung war es Hartmann gelungen, beim ö des Wortes Brunntröge, knapp 200 m SSW Punkt 410, wo die Karte Mühlberg’s einen Stollen verzeichnet, Ölsand nachzuweisen. Offenbar war dies das Gebiet dar alten Fundstelle im Wasserstollen.
Weiter fand er kürzlich Ölsand am Gönhardwaldrand zu beiden Seiten der Strasse Aarau – Entfelden beim Binzenhof, wo durch Bau eines Hauses vorübergehend neue Aufschlüsse entstanden. Damit war der Ölsand auf eine Erstreckung in SE-NW-Richtung von 1 km nachgewiesen (Heim/Hartmann 1919).

Eine Analyse des Ölsandes vom Gönhardstollen ergab folgendes:

Bitumengehalt einer Probe bei Zahl 380 = 1,107 Gew. % = 3,1 Vol. %; trockener, toter Ölsand. Farbe feucht schokoladebraun, trocken heller, wie dünner Milchkakao. Korngrösse unter 0,5 mm; Glimmerschüppchen reichlich; Geruch schwach, bis kaum wahrnehmbar; kalkhaltig, wie auch der ölfreie Sandstein. Der Ölsandfund vom Anfang des 19. Jahrhunderts im Wasserstollen bei Brunnentröge, war somit bestätigt, wenn auch vermutlich die Angaben über freies Öl übertrieben waren (Heim/Hartmann 1919).

Die Fotos zur Befahrung des Stollens sind auf der Webseite Bergwerkforschung.ch online gestellt.

Roger Widmer