Erwachen aus dem Dornröschenschlaf

Monte San Giorgio 2015

Wer schon einmal das Bergwerk Tre Fontane bei Serpiano befahren hat, weiss sicher dass in der näheren Umgebung der Stollen noch allerlei IMG_4714 Kopie«Gerümpel» aus der letzten Bergbauperiode umherliegt. Darunter war auch eine rostige Mulde welche einmal zu einer Schnabelkipper-Lore gehört hatte. Diese war früher in den Stollen des Bitumenschiefer-Bergwerk eingesetzt worden. Roland Bandi, Führer im Fossilien-Museum in Meride hatte sich im Jahr 2014 vorgenommen, der alten Lore wieder Leben einzuhauchen. In mühsamer Kleinarbeit rekonstruierte Roland das fehlende Lorengestell. Am Samstag 28. März 2015 war es dann so weit. Die Lore sollte mit einem kleinen Fest im Innenhof des Museums von Meride der Öffentlichkeit vorgestellt werden.


Die Einweihung fand um 14:00 Uhr statt. Zeit genug, um zuvor noch ein paar «weisse Flecken» auf der Karte anzuschauen. Aber was….? Da waren doch im Malcantone diese vielen rosa markierten Vererzungen, die mich bei meiner Arbeit am Rohstoffinventar immer wieder beschäftigten, weil ich sie nicht genau zuordnen konnte. «Derbes Antimon in der Decke eines halbzerfallenen Stollens», so wurde die Vererzung von Monte Pellegrino beschrieben. Wow…. das musste ich sehen 🙂 Somit stand für mich die Route nach Meride fest. Durch den Gotthard ins Malcantone mit seinen zahlreichen Bergwerken, dabei die Zeit nicht vergessen und pünktlich in Meride zur Einweihung ankommen.
Leider war der 28. März ein Weekend vor Ostern und ich hatte nicht bedacht, dass ich nicht der Einzige war, der sich durch den Gotthard auf den Weg in den Süden machte. So musste ich kurzfristig den Weg über den San Bernardino wählen und verlor dabei wichtige Zeit. Mit etwas Verspätung kam ich dann ein wenig entnervt im Malcantone an, wurde aber für all meinen Ärger durch eine einmalige Aussicht von Arosio hinunter nach Lugano belohnt. Ich war das erste Mal in meinem Leben im Malcantone und es würde nicht das letzte Mal sein….es war wie Liebe auf den ersten Blick!
IMG_3221In Fescoggia fuhr ich an einer kleinen Kapelle vorbei, es war eher eine kleine Grotte und dieser Platz kam mir irgendwie bekannt vor. Schnell wenden, zurückfahren und siehe da, es war die ehemalige Eisenerz-Fundstelle die sich damals in einem kleinen Steinbruch befand. Heute aber, wie es im Rohstoffinventar auch erwähnt war, leider zubetoniert und für die Forschung unerreichbar, aber für die Gläubigen nun ein heiliger Ort.
Etwas weiter in Tortellini, äh nein… Tortoglio, wieder eine Kapelle und einige Meter unterhalb dieser sollte ein alter Stollen zu finden sein in dem früher eine kleinere Menge Eisenerz abgebaut worden war. Nach einer halben Ewigkeit und mühsamer Kletterei im steilen Gelände fand ich Stalaktiten aus Limonit… Hurra ich hatte den Stollen gefunden, aber bei genauerem Betrachten der Felswand sah ich zu meinem Bedauern, dass ich hier auf einer Moräne stand. Und schon wieder kein Bergwerk gefunden, aber das Eisen, woher kam es…?IMG_3222
Ich gab die Hoffnung noch nicht auf. Das Wetter war schön, die Gegend traumhaft und nun kam ich nach Miglieglia. Hier war das Mundloch des gesuchten Stollens auch im Geologischen Atlas eingezeichnet, da sollte ich schon fündig werden. Aber auch ein weiteres Mal wurde ich enttäuscht. Von einem Stollen war weit und breit nichts mehr zu sehen. Nun denn, ich hatte ja noch meinen Joker, die massive Antimonvererzung bei Vinera. Ich ging davon aus, dass ich mit dem Auto bis beinahe vor den Stollen fahren konnte. Der Weg hinunter nach Vinera war eng und steil. Mein kleiner Renault Clio «super Sport» ächzte in allen Schweissnähten, aber wir kommen heil unten an. Fragte sich nur, wie wir da wieder hinauf kämen. Zu meinem grossen Erstaunen befand sich unten im Tal ein abgeschiedenes Grotte «Mulino di Vinera» mit grossem Parkplatz. Die IMG_3227restlichen Meter musste ich zu Fuss gehen und erlebte auch hier eine herbe Enttäuschung. Von einem Stollen, geschweige Spuren eines ehemaligen Bergbau war hier weit und breit nichts mehr zu entdecken. Die Zeit hatte auch hier alle Spuren verwischt, aber einen kleinen Schatz, die mit viel Liebe zum Detail restaurierte Mühle, hatte ich dennoch gefunden. Ein kleines Grotto im nirgendwo und ich vermute es ist ein kleiner Geheimtyp, denn nach der Grösse des Parkplatzes zu urteilen, musste hier unten im Sommer so einiges lossein. Aber nun sollte ich mich beeilen. Trotz dieser Rückschläge freute ich mich auf die Einweihung der Lore und wollte nicht zu spät dazu erscheinen.
Pünktlich erreichte ich den Parkplatz von Meride, noch schnell die Kleider gewechselt, den ich wollte schon ein wenig gepflegt zu diesem festlichen Anlass erscheinen. Der Dorfplatz im Zentrum von Meride begann sich schon mit Leuten zu füllen. IMG_0996Ich musste darüber staunen, was Roland Bandi in Eigenregie alles organisiert hatte. Da waren drei Tessiner Musiker engagiert, die im Hintergrund gemütliche Tessiner Folklore spielten, ein Buffett mit Gebäck und Erfrischungen sowie ein Gabentisch für die Tombola nach der Einweihung der Lore.
Die Einweihung der Lore fand dann im Innenhof des Fossilien-Musems statt. Während im Hintergrund die Lore noch bedeckt durch Tücher war, begrüsste uns Roland Bandi mit einer kleinen Einleitung zur Geschichte und Geologie des Monte San Giorgio. Dann wurde die Lore zu sanften Alphornklängen der Öffentlichkeit übergeben und wir stiessen mit Sekt auf die gelungene Restaurierung und den schönen Anlass an. Während dem gemütlichen Beisammensein, erzählte uns ein ehemaliger Zollbeamter von seinen Erlebnissen mit dem Bergwerk und ein Geschichtsprofessor rundete dies mit seinem Wissen ab.  Nach diesem festlichen Akt wurden wir von Roland zum gemütlichen Teil mit Erfrischungen, Gebäck und einer kleinen Tombola eingeladen. Nachdem ich den «Hauptpreis», ein Zeichenbuch für Kinder, abgeräumt hatte, machte ich mich langsam auf den Heimweg. Ich wollte noch das schöne Wetter ausnützen und dem berühmten Steinbruch von Arzo einen kleinen Besuch abstatten.

Abendstimmung

Obwohl ich am Morgen keinen einzigen Stollen gefunden hatte, war es für mich ein gelungener Tag, an den ich mich immer wieder mit viel Freude erinnern werde. Ich bin mir auch ganz sicher, dass wir in der kommenden Zeit auf dieser Seite noch einiges von unseren Bergbaufreunden aus dem Tessin lesen werden 🙂

Roger Widmer im Mai 2015